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Gedanken zum Tag

Neue Initiative gegen Trasse LIMONE

Bürgferinitiative positioniert sich

Die erst jüngst gegründete BI „Brennernordzulauf Landkreis Ebersberg“ https://www.bnz-ebersberg.de/ wendet sich mit Vehemenz gegen die jüngst von der Bahn als einzige für die weitere Planung ausgewählte Trasse LIMONE. Ihre Argumente sind lange bekannt. Bereits im Januar 2022 hat Josef Schwäbl, Bürgermeister der Gemeinde Bruck, in seiner Stellungnahme zu dieser Trasse den hohen Verbrauch an wertvollen und und immer knapper werdenden landwirtschaftlichen Flächen, das Zerschneiden der Erholungslandschaft im Landkreis und schließlich die Beeinträchtigung der Aßlinger Ortsteile Dorfen und Niclasreuth angeprangert.

Während Josef Schwäbl Anfang des Jahres noch über eine Alternative zu Limone und den anderen Varianten brüten musste, ist die neue BI in der komfortablen Lage, auf die von Schwäbl mitgeschaffene „Bürgertrasse“ TÜRKIS verweisen zu können. Sie erhebt Zweifel an der korrekten Bewertung der Auswahlkriterien und fordert dass die Bahn die Bewertung von TÜRKIS revidieren müsse. Es steht der Vorwurf im Raum, die Bewertungskriterien seien intransparent, zudem der Verdacht, die angelegten Kriterien seien zumindest irrig und würden einer objektiven Prüfung nicht standhalten.

Die Bahn weist alle Vorwürfe zurück. Sie beharrt darauf dass sie korrekt bewertet habe.

A gloana Blick

„a gloana Blick“ lautet der Titel eines kleinen Mundart-Büchleins von Peter Meier, Florist, Erfinder, Dichter, Maler und Bühnenkünstler in Baldham. Eines der Gedichte darin ist ebenso überschrieben. Es schildert treffend und berührend, was wir alle täglich erleben, was wir deswegen versäumen und was die wenigsten von uns vermutlich noch registrieren. Oder etwa doch? Mir kommt das Gedicht beinahe täglich in den Sinn.

Das Gedicht beginnt so:
„Wennst in da Fria durch’d Großstodt gehst und schaugst oan o, dann schaugt der weg.“

Ein paar Zeilen weiter:
„Koana schenkt dem Andern an gloana Blick.
Doch für mi is a gloana Blick des gräßte Glück.“

Und zum Schluss:
„Drum, wenn die ona oschaugt, dann schaug einfach zruck.
Vielleicht braucht er grod heit dein gloana Blick.
Ja, wenn die oana oschaugt, schaug einfach zruck,
vielleicht brauchst du morng in da Fria sein gloana Blick.“

Heute ist das Wegschauen kein Phänomen der Großstadt mehr. Es greift auch auf dem Land um sich. Im Speckgürtel rund um München sowieso. Weiter draußen, im Bayerischen Wald z.B. weniger. Da wundere ich mich dann, wenn mich viele fremde Menschen grüßen. Allerdings schaue ich auch wirklich alle an die mir begegnen.

Das Büchlein hat Peter Meier 1992 herausgegeben. Es ist längst vergriffen. Das Gedicht finde ich aktueller denn je. Und auch die anderen darin treffen meist ins Schwarze.

Warum verhalten wir uns so? Ist es Angst, jemanden grüßen zu müssen, zu sollen, den wir nicht kennen, nicht sehen, kennen wollen? Was kann es sonst sein? Mit unserer Evolutions-Hintergrund steht solches Verhalten im Widerspruch. In Urzeiten war es für Menschen überlebenswichtig zu sehen wer ihnen begegnet. Und sie mussten in den Gesichtern lesen um einschätzen zu können, was die Person im Schilde führt. Und bis vor nicht allzu langer Zeit gehörte es schlicht zum guten Ton, dass man blickt, grüßt und gegrüßt wird. Vorbei …  Dabei stelle ich mir vor, dass es richtig anstrengend sein muss, an jemanden, der mir begegnet, mit betont gleichgültiger Miene vorbei-, weg oder gar in den Boden zu schauen. Ich kann’s jedenfalls nicht.

Mir bereitet Blicken und Grüßen Freude. Obwohl ich schon lange am Ort wohne, kenne ich relativ wenig Leute. Viele nur „vom Sehen“. Wenn ich unterwegs bin, egal ob zu Fuß oder mit dem Rad, schaue ich alle Leute an. Manche erwidern den Blick, deuten einen Gruß an oder grüßen gar.  Was gibt es schöneres als einen kleinen Blick, ein nettes Nicken, einen freundlichen Gruß? Wie Peter Meier sagt: Ein freundlicher Blick oder Gruß am Morgen und der Tag fängt gut an.

Und noch etwas: Nicht hinschauen – wegschauen – wo fängt Wegschauen an für das gedeihliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft gefährlich zu werden?

Biberschutz? Eher nicht!

Sisyphus am Biber-Bach

Entlang der roten Linie verläuft der kleine Bach zur Attel. Nördlich davon Wiesen, südlich Wiesen und Filzenwald.

Südlich von Aßling entwässert ein offenbar namenloser Bach erst Wiesen und Wälder südwestlich des Weilers Osterwald und, nachdem er die Bahnlinie München-Rosenheim und die Staatsstraße 2080 unterquert hat, auch die Wiesen und den Filzenwald bis zur Attel. Das Stück zwischen Straße und Attel (rot markiert) war lange Zeit ein typisches, schmales Moor-Bächlein, kaum mehr als einen Meter breit. Wollte man in den Wald dahinter gelangen, konnte man es gut überspringen. Das geht dort jetzt nicht mehr.

Entlang des gesamten Teilstücks haben sich Biber angesiedelt. Ihre zentrale Wirkungsstätte scheint ein kleines Feucht-Biotop von ca. 10 a Fläche nördlich des Baches zu sein. Biss-Spuren und tief eingegrabene Ein- und Ausstiegs-Rinnen belegen das. Eine große Weide, welche Anfang Januar 2018 noch trotz tief eingefressener, schlanker Taille aufrecht gestanden war, liegt seit Tief Burglind quer über den Bach.

Ein paar Meter weiter östlich wird der Bach unvermittelt breit, die Strömung stockt. Am südseitigen Wald-Ufer liegen ein paar mächtige Fichten samt Nachbarsträuchern nach Süden umgekippt. Eine davon erst seit Burglind. Ihre Wurzelteller ragen wellenförmig aus dem Bach. Vermutlich hat das Wurzelwerk im vom Bach durchtränkten Erdreich den Halt verloren.

Ursache des Staus ist ein Damm ein paar Meter weiter. Ein Biberdamm, dess „Bauweise“ mir aber völlig untypisch scheint. Die den Bau bildenden Äste sehen zwar wie von Bibern abgebissen aus, sind aber alle fast gleich lang und liegen längs im Bach. Ein Meisterwerk. Spuren in der Wiese lassen vermuten, dass die Biber einen Traktor ausgeliehen haben zum ordentlichen Aufschichten der Äste. Oder der Bauer nachgeholfen?

Wieder ein paar Meter östlich findet sich ein weiterer, offenbar viel älterer Biber-Damm von eher typischem Aussehen. An seinem Überlauf sind am wiesenseitigen Ufer tiefe Mulden ausgespült. Eine vor langem angenagte Birke liegt da, vom Wind gefällt, die Nagestellen verwittert. Ein grellfarbenes Drainagerohr in einer der Mulden deutet auf einen Versuch des Bauern hin, dieses Stück Land wieder trockenzulegen. Bislang ohne erkennbaren Erfolg.

Anders als am Straußdorfer Schwarzgraben sieht es so aus als hätte man sich hier mit den Bibern arrangiert zu haben.  Ein Trugschluss.

Fortsetzung:

Dieser Beitrag stammt vom Januar 2018. Meine Meinung, der Bauer hätte die Biber akzeptiert, hat sich leider als Irrtum erwiesen. Er, der Bauer und die Biber liefern sich quasi ein Sisyphus-Rennen. Kaum hat der Bauer diesen und immer wieder neu errichtete Dämme beseitigt, entstehen an gleicher oder anderer Stelle neue. Keiner mehr wurde aber so groß wie der oben beschriebene und keiner mehr konnte die Ufer so  in Mitleidenschaft ziehen.

Biberschutz ignoriert

… Biberdamm zerstört und Schwarzgraben tiefer gelegt.

Kartenausschnitt mit dem Atteltal südwestlich von Straußdorf
Schwarzgraben und Atteltal südwestlich von Straußdorf

In Straußdorf (Stadt Grafing bei München) gelten offenbar eigene Spielregeln beim Landschaftsschutz.

Der dort entspringende Schwarzgraben fristet nur ein kurzes Leben, ehe er nahe der Gemeindegrenze  in die Attel mündet. Auf den ersten Metern im Dorf wird er artgerecht gehalten, danach trödelt er geradlinig-flurbereinigt der Mündung entgegen. Auf dem – vermutlich – früher einmal künstlich verlängerten Weg entwässert er die moorige Osthälfte des Atteltals südwestlich von Straußdorf. Dabei war er den Anrainern offenbar  zu wenig effizient. Seit dem Jahreswechsel 2017/18 ist er es. Mit gravierenden Folgen für die Umwelt,  jüngst  zutage getreten nach dem  Tief Burglind.

Zu Beginn der markierten Strecke überspannt eine kleine Brücke den Graben.  Darunter hält eine Betonschwelle den Wasserstand bis hierhin konstant. Die schnurgeraden Ufer oberhalb sind zwar eintönig, ihre Struktur ist aber intakt.

Unterhalb der Brücke plätschert das Wasser über ein paar Steinstufen. Dann regulieren nur noch natürliche Hindernisse Wasserstand und Fließgeschwindigkeit bis zur Attel. Das wirksamste Hindernis bildete bis vor kurzem ein Biberdamm auf Höhe des kleinen Wäldchens kurz vor der Mündung. Im November 2017 staute dieser den Bach noch auf ein paar hundert Meter zurück, in der ersten Dezemberhälfte nur noch halb so weit, denn jemand hatte einen Teil des Damms abgetragen. Jetzt ist das Bachbett komplett frei geräumt, das Material des Damms liegt auf zwei großen Haufen im Wäldchen.

Ganz abgesehen vom Frevel am Biberdamm und dem Verstoß gegen den Biberschutz sind die Folgen der Aktion verheerend – und zugleich lehrreich. Während die Ufer nördlich der Brücke dem hohen Wasserdruck von Burglind widerstanden haben, fehlt südlich davon auf weite Strecken der untere Uferbewuchs. Die Sohle des Bachs hat sich tief eingegraben. Grasnarben sind abgebrochen und seitlich mündende Drainage-Rohre hängen oberhalb des Wasserspiegels in der Luft. Ein Betonrohr ist mangels Auflage abgebrochen.

Östlich entlang des Schwarzgrabens verläuft ein Wirtschaftsweg. Unter diesem hindurch leiten Rohre das Wasser aus Abzugsgräben in den Bach. Mit ähnlicher Wirkung. Bis zu den Rohren fließt das Wasser gemächlich, danach gerät es in den Sog des tief eingegrabenen Bachs. Selbst auf den nur wenigen Metern sind die Mündungs-Ufer ausgeschwemmt, die Betten regelrecht eingefräst.

Straußdorfer Schwarzgraben – den Spuren nach Zugang zum Biberbau.

Wie der Biber und seine Familie das Massaker an ihrer Behausung überstanden haben ist schwer zu sagen. Wo früher der Damm den Wasserfluss hemmte findet sich je ein Loch am Fuß eines Baumes und eines unterhalb davon, jetzt aber über dem Wasserspiegel. Der Zugang zum oberen Loch ist mit einem Drahtgeflecht zum Teil blockiert, wohl aber noch passierbar. Zumindest deuten Spuren darauf hin. Womöglich sind Bibers auch umgezogen an die hier nur ein paar Meter entfernte Attel, welche in jüngster Zeit mit beträchtlichem Aufwand in ein natürlich wirkendes Bett umgesiedelt wurde. Ganz im Gegensatz zum Schwarzgraben.

Das schüttere Wäldchen dort besitzt kaum merkantilen Wert. Dennoch ist es seit Jahren Schauplatz der Auseinandersetzung zwischen Bibern und Wald-Besitzern. Viele Bäume, sogar Fichten, sind angenagt, die Verletzungen mit Drahtgitter umwickelt. Aktueller Verbiss ist kaum zu sehen.

Wozu also das Ganze? Das Land östlich (rechts) der gestrichelten Linie ist moorig und landwirtschaftlich kaum nutzbar. Anders der Keil zwischen Attel, Schwarzgraben und  Moosweg. An dessen Südende war zuletzt Mais angebaut. Diese Fläche könnte von der Absenkung des Grundwassers profitieren – bis die renaturierte Attel es wieder steigen lässt.

Hier noch ein paar weitere Bilder zur Verdeutlichung.